Ein Erntedank-
Besuch in der Kleingartenanlage Erholung in Otze
Von Marie Pinkert
Peter Berlipp und Margot Mutschall kochen aus dem selbst geernteten Kürbis später Marmelade.
foto: Marie Pinkert
Wer Lebensmittel wie Obst und Gemüse im eigenen Garten anbaut,weiß genau, was er auf den Teller bekommt.
Mit dem Erntedankfest am 3. Oktober würdigen Hobbygärtner, was ihnen die Erde geschenkt hat in Zeiten, in denen es Erdbeeren das ganze Jahr über im Supermarkt zu kaufen gibt und Tomaten häufig aus Gewächshäusern in Spanien stammen.
Eine Spurensuche in der Kleingartenanlage in Otze.
„Der Obst- und Gemüseanbau ist die Natur der Kleingärtner“, sagt Robert
Simon stolz. Er ist Vorsitzender des Kleingärtnervereins Erholung in
Otze. Wer die Anlage im Westen des Dorfes betritt, versteht schnell,
dass hier der Name Programm ist: An dem milden Herbstnachmittag ist
wenig los in den Gärten. Hier und dort schallt ein freundlicher Gruß über
die Hecke. Allenfalls das Gezwitscher der Vögel unterbricht die Stille,
die über den Gärten liegt.
Simon baut so einiges an Gemüse an: Die erste Ernte im Jahr sind die
Radieschen. Die wachsen schnell. Es folgen Erbsen und Möhren. Bohnen,
Tomaten und Paprika sind im Spätsommer erntereif, erzählt der
Hobbygärtner. Schon bald, wenn der erste Frost einsetzt, ist es Zeit für
die Grünkohlernte. Darauf freut sich Simon immer besonders. Der eigene
Grünkohl – mit Bregenwurst oder Kassler – schmecke viel besser als
der gekaufte. Es mache halt einen Unterschied, wenn er wisse, dass es
das Ergebnis der eigenen Arbeit sei, sagt Simon.
Familien fühlen sich wohl
Das Kleingärtnern werde immer beliebter, besonders jetzt während der
Pandemie, hat Simon beobachtet: Von den 51 Gärten in der Kolonie
sind zurzeit alle verpachtet. Während des Lockdowns habe er fast täglich
Anfragen bekommen. „Aber wenn man erklärt, dass so ein Garten
auch viel Arbeit macht, wollen die meisten dann doch nicht.“
Etwa ein Drittel der Gartenfläche ist Anbaufläche. Das ist so festgelegt
im Pachtvertrag. Mit dem Maßband rechne er das freilich nicht nach,
sagt Simon schmunzelnd. In jüngster Zeit interessierten sich immer
mehr Familien mit Kindern für einen Schrebergarten. „Die sind gern hier,
wo die Kinder in Ruhe spielen können, ohne auf den Verkehr zu achten.“
Für ein Gartengrundstück in der Kolonie seien, je nach Stromverbrauch,
200 bis 250 Euro im Jahr fällig.
Bis zu Beginn der Corona-Pandemie hat der Kleingartenverein jedes
Jahr am Kartoffelmarkt im Ort teilgenommen. Die Kleingärtner sind dort
bekannt für ihre Bratkartoffeln mit Sülze. Die Kartoffeln stammen dann
aber nicht aus eigener Ernte. „Das wäre doch etwas viel“, sagt Simon.
Er selbst baut den Großteil des Obstes und Gemüses, das er verbraucht,
allerdings selbst an.
Manchmal kauft er auch mal im Supermarkt ein. „Aber Tomaten aus
dem Supermarkt im Winter schmecken nicht halb so gut wie die eige-
nen“, schwört der Kleingärtner. Kostengünstiger hingegen sei der eigene
Anbau nicht unbedingt. Er müsse schließlich die Pflanzen und die
Samen kaufen und obendrein auch die eigene Arbeit und die investierte
Zeit mit einrechnen. „Da muss man immer dran sein und ein Auge drauf
haben, sonst ist die Pflanze hin.“ Dem stimmt Gärtner Frank Herzke zu,
der gerade in seinem Garten – nach zwei Wochen Urlaub – das Unkraut
jätet.
Kleingärtnern tut dem Klima gut
Das Anbauen von Obst und Gemüse sei eigentlich nicht schwierig. Aber
nicht immer funktioniert alles wie gedacht. „Da darf man nicht gleich enttäuscht
sein“, rät Simon. Man müsse den Boden gut vorbereiten, die
Wachstumsbedingungen der jeweiligen Pflanze beachten – und dranbleiben.
„Dann klappt das auch“, macht der Vereinschef Mut.
Die Klimaerwärmung lässt ihn nicht kalt: 3,4 Kilogramm CO2 verursache
ein Kilogramm Erdbeeren, das im Winter aus Spanien kommt. Dagegen
seien seine selbst angebauten Erdbeeren fast klimaneutral. „Ich
denke, dass sich Kleingärtner ihrer Verantwortung gegenüber der Umwelt
stärker bewusst sind. Sie wissen, wie viel Arbeit in Lebensmitteln
steckt.“
Die Internetseite des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde, der
Dachorganisation der Kleingärtner, listet dann auch den ökologischen
Nutzen des Kleingärtnerns auf. Das sei aber für viele nicht die Motivation.
Die meisten Leute hätten einfach Spaß am Gärtnern, an der Natur
und dem Wissen, dass der Ernteertrag die Frucht der eigenen Arbeit
sei, gibt sich Simon überzeugt.